Schriftliche Werke großartiger Schreiber
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Jordan Cray - Danger.com@3//Shadow Man/ (Der Schattenmann)

9. April 2010 16:56

Hallo,

wenn ich über die Reihe nachdenke, gibt es Bücher, die mir mehr oder weniger stark in Erinnerung sind. Dauerhaft gut in Erinnerung sind beispielsweise das erste (hat alles angefangen und spielte sehr schön mit den Ängsten), das vierte (Himmel&Hölle) und das sechste (completely different). Zu meiner Schande musste ich geschehen, dass ich das dritte Buch nicht mehr so gut in Erinnerung hatte - und das völlig zu Unrecht. Beim erneuten Lesen wurde mir klar, dass es vielleicht sogar besser ist, als die, die mir ständig im Kopf rumschwirren.

Autor: Jordan Cray
englischer Name: Danger.com@3//Shadow Man/
deutscher Name: Danger.de@3//Der Schattenmann/
ISBN: 798-1-4169-9848-8 (englisch)

Fangen wir wieder mit dem Namen an: Erstmalig verwendet auch der englische Name Leerzeichen - was die Illusion von Netzadressen endgültig zerstört. In der deutschen Reihe war das schon mit dem ersten Buch getan - da muss halt überall ein "Der" oder "Das" vor.
Am deutschen Namen gibt es nichts zu mäkeln - viel direkter kann man den englischen Namen nicht übersetzen. Mit dem englischen Namen bin ich persönlich nicht ganz so zufrieden, aber direkt unpassend ist er auch nicht.

Wie bin ich zu diesem Buch gekommen: Siehe erstes Buch. Die ersten Seiten war das sicherlich etwas überraschend, eine "Mädchenperspektive" zu haben (nachdem die ersten zwei Bücher von Jungs erlebt wurden), aber daran hat man sich schnell gewöhnt. Rückbezüge zu den ersten beiden Büchern gibt es übrigens nicht.

Inhalt:
Annie Hanley hat ein kleines Problem. Eigentlich ist es mit fünf Fuss, zwei Zoll gar nicht ein so kleines Problem. Ihr Problem heißt Pepper Oneida und hat Annie ihren Boyfriend Josh weggenommen. Das mag zunächst nicht die größte Katastrophe der Welt sein (wobei das immer eine Sache der Perspektive ist), wird aber etwas dadurch verstärkt, dass sie alle auf Scull Island wohnen - einer Insel, die man an einem Tag leicht umrunden kann, wenn man nur ausreichend oft und lange Pause macht. Während in Gemini7 das Problem an der Kleinst-Umgebung noch war, dass sich kleine Sünden sehr schnell herumsprechen, liegt das Problem in diesem Buch darin, dass man einfach nirgendwo anders hin kann. Man kann praktisch nirgendwo abhängen, ohne auch direkt das glückliche Pärchen zu sehen - und wenn glückliche Pärchen einen schon anwidern, wenn man einfach nur so alleine ist, hasst man sie erst recht, wenn es sich dabei auch noch um den ehemaligen Freund handelt und zudem auch noch überall "Weihnachten" in der Luft liegt.
Im Sommer ist Scull Island überfüllt von Besuchern, die an den Stränden das schöne Wetter genießen. Im Winter ist es dort kalt - besonders alleine. Also versucht Annie, Weihnachten und die Welt um sich im Wesentlichen zu ignorieren und sich stattdessen in ihrem Zynismus zu verkriechen.

Dann taucht ihr Lichtblick auf: Nick, der Sohn des Partners ihrer Mutter (ihr echter Vater ist weit weg und probiert wohl, für die drei Kinder seiner Freundin ein ähnlich guter Ersatzvater zu sein wie Joe, der Freund von Annies Mutter).
Nick ist einfach nur.. "cool". Er schafft es, Pepper beim ersten Treffen ziemlich blamiert aussehen zu lassen, ist erst aufgrund irgendwelcher "Streiche" (seine Mutter ist Anwältin) ins Exil geschickt worden und ist auch Annie nicht abgeneigt. Einzig, dass er nicht ganz nachvollziehen kann, was Annie in Josh sah und wieso sie ihm hinterherheult, stört zu Beginn die Verbindung zwischen den Beiden.
Als Nick erwähnt, dass man Pepper eigentlich noch eine ordentliche Racheaktion verpassen sollte - natürlich ohne dabei erwischt zu werden - trifft er einen wunden Punkt und schnell ist auch Annie bereit, mal leicht über das "nette" hinauszugehen. Sie vermasseln die von Pepper geworfene Geburtstagsparty. Leider ist Peppers spontaner Alternativplan ein voller Erfolg, so dass diese Aktion eher gescheitert ist.

Also kommt es zum zweiten Schritt: Sie interpolieren Peppers Mailadresse und fluten diese mit Mails - natürlich anonym. Dabei stellt sich heraus, dass sie schlafende Hunde aufwecken und sich hinter der Adresse jemand verbirgt, den sie der lieben Pepper ganz und gar nicht zugetraut hätten. Bald schweben sie in Lebensgefahr und müssen feststellen, dass eine Insel ohne Fluchtmöglichkeit kein guter Ausgangspunkt ist.


Mein Problem an diesem Buch ist.. hmm. Eigentlich habe ich kein Problem mit diesem Buch. Die Ausgangslage ist realistisch: anonyme Mails sind machbar; dass Zickenterror aus einem gestohlenen Freund resultieren können, ist allgemein bekannt; Patchwork-Familien sind gang und gebe; man kann in Teufels Küche kommen, wenn man den falschen Leuten zu sehr auf die Pelle rückt und Menschen morgen. Es gibt keinem Punkt, an dem man sich "was für ein Unsinn" denken müsste.

Ich liebe den Schreibstil. Annie ist wundervoll zynisch und auch wenn das natürlich zur Überdeckung des Liebesschmerzes dient und jedes Lachen darüber ein wenig Schadenfreude ist, kann man sich bei ihren Umschreibungen ein Lächeln kaum verkneifen:
Christmas. Bah humbug, i say. You spend weeks after Thanksgiving fighting traffic so that you can spend all your money buying stupid presents like "cotton cashmere" sweaters and cappuccino cups that will sit on top of the cupboard and never get used.

Weihnachten. Oje, reiner Unfug, sag ich euch. Von Thanksgiving an verbringt man Wochen damit, sich durch den Verkehr zu wühlen, um dann sein ganzes Geld für irgendwelche idiotischen Sachen wie Kaschmirpullover rauszuwerfen, oder für Cappuccino-Tassen, die im Küchenschrank doch nur nach ganz hinten gestellt und niemals benutzt werden

("Bah humbug" ist übrigens der klassische Spruch aus der klassischen Weihnachtsgeschichte - damit das Buch beginnen zu lassen, hat einfach Stil)

He calls about every month for three minutes to tell me that he is goind to call me for a "real chat, real soon." Plus he keeps sending me turquoise jeweljry and cowboy boots, which is nice of him, but the Western look just isn't my thing. Maybe for Christmas, he'll send me a pony.

But he gave me his nose, so who am I to complain?

Ungefähr einmal pro Monat ruft er an und braucht dann etwa drei Minuten, um mir zu sagen, dass er mich schon ganz bald anrufen wird - damit wir endmal mal wieder richtig quatschen können.Darüber hinaus schickt er mir Türkisschmuch und Cowboystiefel, was ich ja eigentlich ganz nett von ihm finde, auch wenn der Westernlook einfach nicht mein Ding ist. Nun, vielleicht schickt er mir zu Weihnachten ja ein Pony...

Aber er hat mir seine Nase vererbt - warum also sollte ich mich beklagen.

Der Vater taucht nicht weiter auf. Es ist eben Annies Perspektive.
The grocery store was out of green sugar crystals, which is seriously scary if you think about it. i bought red. So, Nick would get red trees. It would represent all those evergreen burning up because people were too stupid to unplug the Christmas lights while they visited Grandma.

Who, me, a cynic? Nah.

Im Lebensmittelladen gab es keinen grünen Kristallzucker mehr - ein, bedenkt man es genau, ziemlich erschreckender Umstand. Ich kaufte roten. Nick würde also rote Bäume bekommen. Sie standen sozusagen für all die immergrünen Zweige und Weihnachtsbäume, die bald in Flammen aufgehen würden, wei ldie Leute zu blöd sind, die Christbaumkerzen auszublasen, bevor sie Großmama besuchten.

Was, ich eine Zynikerin? Wie kommt ihr darauf?

Ganz und gar nicht. ;-)
Oftmals hängt ein Buch daran, ob man den Ich-Erzähler symptisch findet und sich mit ihm identifizieren kann. Ich finde, Annie kommt sehr sympatisch rüber.

Zu dem Zeitpunkt, als man über Nick eine Beschreibung von Annie bekommt, muss man sie ebenfalls mögen - Es ist nicht emo, aber es ist definitiv nicht gewöhnlich.
"I don't go for bony babes," Nick said. He gave me a sidelong look. "And at least you know how to dress."
Underneath my pea coat I was wearing a man's gray cardigan sweater I'd found in a thrift shop over a man's undershirt I had dyed hot pink. I hat would a patterned red and black scarf about my neck about twenty times. Added to the ensemble was a short plaid kilt. Instead of the usual safety pin that closed the kilt, I had substituted an *Impeach Nixon* button.
Josh used to beg me to go to the mall, just once, and buy some /normal/ clothes. I guess I should have listened. Little did I know that the key to his heart was angora.
"Thanks," I said. "I crave validation."

"ich stehe nicht auf diese knochigen Tussis", sagte Nick und sah mich aus dem Augenwinkel an. "Außerdem hast du wenigstens Ahnung von Klamotten."
Unter meinem erbsengrünen Mantel trug ich ein leuchtend pink gefärbtes Herrenunterhemd, darüber einen grauen Männerpullover aus Wolle, den ich in irgendeinem Ramschladen gefunden hatte. Um meinen Nacken hatte ich in ungefähr zwanzig Lagen einen rotschwarz gemusterten Schal geschlungen. Das Ensemble vervollständigte ein kurzer karierter Schottenrock. An der Stelle des Knopfes, der den Rock üblicherweise zusammenhielt, prangte ein Button mit dem Slogan: Nixon auf die Anklagebank!
Josh hatte mich immer wieder gebeten, in die Mall zu gehen und mir ein paar normale Kleidungsstücke zu kaufen. Nun, vielleicht hätte ich doch auf ihn hören sollen. Ich hatte nicht gewusst, dass der Weg zu seinem Herzen mit Angora und Kaschmir ausgelegt war..
"Danke", sagte ich, "ein bisschen Zuspruch kann ich gut gebrauchen."

Wundervoll ist ebenfalls, wie Annie ihren Zynismus auch Auge in Auge mit dem Tod nicht verliert und wie gewisse Personen in der Gefähr über sich hinauswachsen oder komplett einfallen.

Es ist ein schönes Buch, es hat seine Schockmomente und definitiv Spannung. Auch wenn aus irgendwelchen Gründen dieses Buch nicht dauerhaft in meinem Herz ist, sollte es dort eigentlich sein - denn verglichen mit den ersten beiden Büchern (und auch den späteren) hat es das sicherlich verdient. Lest es, wenn Ihr die Gelegenheit dazu bekommt.

Grüße,

TCC

(2010-04-15: Deutsche Zitate hinzugefügt)

9. April 2010 16:56

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